Gedanken eines Hundes

 

 

Hundegebet

 

 

Lieber Gott!


Zu gerne würd’ ich richtig toben
auf ’nem wilden Acker und nicht immer nur von oben ...

... vom Balkon im 10. Stock auf den versifften Spielplatz sehen,
um am Abend nur für drei Minuten kurz mal runter zu geh’n.

... um am ersten armen Baum, der mit dem Hundekot-Tod ringt,
weil hier jeder seinen Hund zur Notdurft zwingt,

... einmal nach Herzenslust herum schnuppern in den Mäusewinkeln 
und nicht an der Leine weggezerrt werden mitten im Pinkeln.

Lieber Gott im Himmel: Etwas Muße und ein eigner Baum –
Das wär’ mein Traum!

Ich möchte so gern richtig stinkigen Schweinkram fressen
und nicht das Designer-Menu aus der Fernsehwerbung essen.

Ich möchte nicht, dass mich parfümierte Hände streicheln, nein,
meine Nase ist zu fein für Gucci und für Calvin Klein.

Ich will kein Mäntelchen tragen, will nicht, dass man mich frisiert,
mir die Ohren spitzer schneidet, oder mir den Schwanz kupiert, ...

... letzteres sollst Du mit Herrchen machen und wenn er sich dann dreht und windet,
dann woll’n wir doch mal seh’n, ob er das dann immer noch lustig findet!

Lieber Gott, stopp endlich diese Barbarei
und bei der Gelegenheit auch gleich diese idiotische Silvester-Knallerei!!

... und, lieber Gott, ich will nicht mehr im Allradkombi hinter Gittern liegen
und in jeder Kurve aus der Kurve fliegen,

...
nicht im Restaurant, zwischen Tisch- und Menschenbeine gezwängt,
Passivrauchen, Tischabfall essen und von Kleinkindern bedrängt.

Ich will nicht nur spielen, ich will endlich bellen und beißen bei dem Spruch:
„Verzeihen Sie, mein Herr, aber Ihr Hund hat Hund-Geruch!“

Lass mich lieben, wann und wen ich will, und gib mir keine Pillen,  
und keine Spritzen gegen meinen ausdrücklichen Paarungswillen. 

Für mich, Fiffi und die anderen (einschließlich Rex),
wir fordern freien Sex!!

Lieber Gott im Himmel, ich will wie rechtschaffene Hunde heißen
und nicht 'Rambo', 'Müntefering', 'Dr. Klöbner' oder 'Tyson',

... weil der Mensch es für unglaublich originell und witzig hält,
wenn er uns vermenschlicht und sich zugleich hoch über uns stellt:

„Ihr da unten – ich hier oben. Ich werf’ und ihr holt den Stock!“
Menschen brauchen immer einen Underdog.
 
Lieber Gott,  gib mir meine Würde zurück
und ’nen richtigen Hundenamen.

Amen!

 (R. Mey)