Der Alte kommt als neue Rasse

Gallier oder Kelte

Mittlerweile hatten zumindest einige Hunde-Freunde dieser Region angefangen, sich der Picards anzunehmen, allen voran Robert Fontaine, Vize-Präsident des Club St.-Hubert du Nord, sowie C. Tournemine. Im Jahr 1912 beschreibt R. Fontaine den Picard kurz folgendermaßen: „Er ist ein Hund von mittlerer Größe, maximal 60 cm hoch, seine Farbe ist entweder ein mit weißen Haaren durchsetztes Schwarz oder er ist dunkel gestromt." Die Bemühungen Robert Fontaines und seiner Mitstreiter, dem Picard endlich die ihm bisher versagte Anerkennung von Seiten der französischen Kynologie zu verschaffen, d.h. ihn als eigenständige Rasse innerhalb der französischen Bergers einzugliedern, wurden durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges vorerst zunichte gemacht. Zahlreiche Hunde, besonders jene, die im Besitz von Zöllnern standen, gelangten nach Deutschland und dienten dort zur Rekonstruktion der rauhaarigen Varietät des Deutschen Schäferhundes. Und die Regionen des Nordens inklusive der Picardie wurden belagert, so dass es infolge der dadurch bedingten Lebensmittelknappheit kaum möglich war, zusätzliche Mäuler mit durchzufüttern. Zahlreiche Hunde verbluteten auch im Kriegsdienst an der Front.

 

Irgendein französischer Kynologe brachte die - inzwischen vielfach nachgebetete - Vermutung auf, der Picard stamme von keltischen Hunden ab.

Als Begründung dafür wird angeführt, dass rauhaarige Hunde ähnlichen Typs überall entlang den Wander- und Ausbreitungswegen der Kelten zu finden seien. Als Beispiele werden genannt: der rauhaarige holländische Schäfer-hund, der Bouvier des Ardennes, der rauhaarige Schlag des Belgischen Schäferhundes (Laekenois) und der französische Picard sowie weitere Regionalschläge ähnlicher Fellstruktur, die noch weiter südlich in der Limousin, in Spanien und im marokkanischen Rifgebirge anzutreffen seien.  

Eine interessante Hypothese immerhin, die allerdings sichere Beweise schuldig bleibt.

 

Ein weiterer, prominenter und publizistisch einflussreicher Mitstreiter, Paul Mégnin (Sohn des berühmten Kynologen Pierre Mégnin und Herausgeber des Fachblattes „L'eleveur"), ist zu ihnen gestoßen. Den vereinten Anstrengungen dieses Dreigestirns ist es zu verdanken, dass man den Picard nun nicht mehr länger totschweigen konnte.

 

Am 21. Januar 1925 erkannte der Club Francais du Chien de Berger unter seinem Präsidenten Palyart auf einer außerordentlichen Hauptversammlung einstimmig und offiziell die Existenz des Picards als einer weiteren französischen Hütehundrasse an. In den Folgejahren, der Zeit zwischen den beiden Kriegen erlebt der Picard daraufhin einen gewissen Aufschwung, eine kurze Blüte. Zahlreiche Amateurzüchter nehmen sich seiner an, darunter auch ein gewisser Jean Cotté aus Amiens, von dem wir später noch hören werden. Außerhalb seiner Heimat bleibt der Picard jedoch weiterhin so gut wie unbekannt.